Wenn nicht in Tirol, dann eben in Niederösterreich, und einiges über die Zusammensetzung des Bundesrates
Die Opposition hat sie also wieder, die Mehrheit im Bundesrat (BR). In Niederösterreich verlor die ÖVP gleich zwei Sitze im BR, einer wanderte zu den Grünen (der zählt also in dieser Rechnung nicht), aber einer zur FPÖ und das war der eine zu viel. Die gesammelte Opposition hat also wieder 31 Mandate im BR, die beiden Regierungsfraktionen nur 30. Wie der Föderalismusbericht 2021 von Peter Bußjäger aufzeigt, gab es im Berichtsjahr zwar keine Einsprüche gegen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, aber so wörtlich: „Erwähnenswert ist allerdings, dass in 12 Fällen der Bundesrat einen Gesetzesentwurf des Nationalrates nicht aktiv angenommen hat und daher eine Kundmachung erst nach Ablauf der Acht-Wochen-Frist möglich war.“
Diese optisch und oberflächlich betrachtet eigenartige und verstörende Vorgangsweise, keine Einsprüche, aber 12 Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, die acht Wochen im BR herumlagen, erklärt sich recht einfach: Es ist für die Regierungsfraktionen schmerzhafter diese acht Wochen mit der Kundmachung zuwarten zu müssen, als einen raschen Beharrungsbeschluss im Nationalrat zu fassen. Auch, wenn der Verfassungsgesetzgeber dies historisch anders geplant hatte.
Der Bundesrat kommt aber noch nicht zur Ruhe: Da wartet eine Volkszählung auf eine spezielle Kundmachung des Bundespräsidenten. Art. 34 (3) B-VG sieht nämlich vor, dass die Zahl der von jedem Land zu entsendenden Mitglieder vom Bundespräsidenten nach jeder allgemeinen Volkszählung festgesetzt wird. Das Ergebnis ist schon bekannt, Wien wird das elfte Mandat verlieren, welches aktuell ein Mandatar der FPÖ innehat. Der BR hat nach dieser Kundmachung nur mehr 60 Mitglieder, wann diese Entschließung vom Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird, ist noch nicht bekannt. Zur Erinnerung, der BR hat eine abwechslungsreiche Geschichte hinsichtlich seiner Grüße: In der 2. Republik wurde der BR zunächst durch das 2. Verfassungs-Überleitungsgesetz 1945 mit dem Stand 5. März 1933 eingesetzt, also mit 50 Mitgliedern. Im Juli 1962 erhöhte sich die Mitgliederzahl auf 54, im Februar 1972 auf 58, im März 1982 erreichte er seine historische Höchstzahl an Mitgliedern mit insgesamt 65 Mitgliedern. Dies währte aber nicht lange, bereits im März 1983 wurde die Zahl mit 63 festgelegt. Ab März 1993 waren es wieder 64, dann ab Februar 2002 62 und aktuell besteht der Bundesrat seit dem Juni 2015 aus 61 Mitgliedern.
Doch auch zwei Landtagswahlen harren in nächster Zukunft, jene in Kärnten und in Salzburg, und natürlich sind auch dort Änderungen in der Mandatsverteilung im BR möglich. Aber noch vor der Sommerpause können wir endgültige Antworten auf die Frage erwarten, ob die Regierungsfraktionen die Mehrheit im Bundesrat für längere Zeit verloren haben oder diese nach Niederösterreich wiedererlangen können.